März 30

BGH stärkt die Rechte des Mieters bei Kündigung wegen Eigenbedarfs zu geschäftlichen Zwecken.

Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 45/16
Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis mit der Begründung, ihr Ehemann benötige die Wohnung zur Erweiterung seines seit 14 Jahren ausgeübten Gewerbes, da die räumliche Kapazität der hierzu im ersten Obergeschoss des Anwesens angemieteten Räume ausgeschöpft sei.

Die Vorinstanzen gaben der Vermieterin zunächst recht, da diese Begründung für die Kündigung ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB darstelle, das dem Kündigungstatbestand des Eigenbedarfs gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gleichgestellt sei. Der BGH widersprach dieser Ansicht und entschieden, dass die Vermieterin einen Nachteil von erheblichem Gewicht vorbringen müsse. Bei beabsichtigter Mischnutzung, wenn der Ehemann die Räume auch zu Wohnzwecken benutzen möchte und daher seinen Lebensmittelpunkt dahin verlegen würde, wäre eine Interessenlage wie in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gegeben, nicht aber bei alleiniger gewerblichen Nutzung. Der Ehemann war nicht daran gehindert, seine gewerbliche Tätigkeit in den bisherigen Räumen weiterzuführen und sich für die Erweiterung des Büros (hier zur Ablage von Akten), anderweitig Räume anzumieten. In solchen Fällen überwiegt das Interesse des bisherigen Mieters an der Erhaltung seines Lebensmittelpunktes in der gemieteten Wohnung.

Februar 22

Kündigung von Bausparverträgen durch die Bausparkassen zehn Jahre nach Zuteilungsreife

Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen vom 21. Februar 2017 – XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16 entschieden, dass die Bausparkassen Bausparverträge kündigen können, wenn die Verträge seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, auch wenn diese noch nicht voll bespart sind.
Zur Begründung verweist er auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (neuer Fassung, § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB alter Fassung), wonach jeder Darlehensnehmer nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens die Möglichkeit hat, sich durch Kündigung von einem Vertrag mit gebundenem Sollzinssatz zu lösen. Der BGH sieht die Bausparkasse in der Ansparphase als Darlehensnehmerin und den Kunden als Darlehensgeber. Den vollständigen Empfang des Darlehens sieht der BGH mit erstmaliger Zuteilungsreife. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

November 25

Vereinbarung einer Darlehensgebühr bei Auszahlung des Bauspardarlehens kann unwirksam sein.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.11.2016-XI ZR 552/15

Ein Verbraucherschutzverband klagte gem. § 4 UKlaG gegen eine Bausparkasse, die in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) eine Klausel verwandte, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine “Darlehensgebühr” in Höhe von 2 Prozent des Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (§ 10 ABB).
Die Pressestelle des Bundesgerichtshofs fasst das Urteil wie folgt zusammen (Mitteilung 198/2016):
„Bei der “Darlehensgebühr” handelt es sich um eine gerichtlicher Klauselkontrolle unterliegende sogenannte Preisnebenabrede. Die Klausel ist dahingehend zu verstehen, dass mit der Gebühr keine konkrete vertragliche Gegenleistung bepreist wird. Vielmehr dient die Gebühr der Abgeltung von Verwaltungsaufwand, der für Tätigkeiten der Beklagten im Zusammenhang mit den Bauspardarlehen anfällt.
Damit weicht die Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn zum einen wird mit dieser Gebühr ein Entgelt erhoben, das abweichend vom gesetzlichen Leitbild für Darlehensverträge, das nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB*** einen laufzeitabhängigen Zins vorsieht, nicht laufzeitabhängig ausgestaltet ist. Dieses Leitbild ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts auch für Bauspardarlehensverträge maßgeblich. Zum anderen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar, wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Das aber sieht die angegriffene Klausel vor.
Diese Abweichungen der Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Vertragspartner der Bausparkasse unangemessen. Insbesondere wird die Gebühr nicht im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft erhoben, da sie keinen Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens leistet. Die Darlehensgebühr wird auch nicht durch Individualvorteile für Bausparkunden, wie z.B. günstige Darlehenszinsen, ausgeglichen, da diesen bereits nicht unerhebliche Nachteile, etwa eine Abschlussgebühr, gegenüberstehen.“

Nicht zu verwechseln ist diese „Darlehensgebühr“ mit der Abschlussgebühr, die der BGH unter anderem in der Entscheidung vom 7. Dezember 2010, Az. XI ZR 3/10 ausdrücklich für zulässig erachtete.

September 1

Parken ohne Parkschein auf allgemein zugänglichen privaten Parkplätzen kann teuer werden

BGH, Urteil vom 18. Dezember 2015 – V ZR 160/14
Macht der Parkplatzbetreiber die Nutzung des Platzes davon abhängig, dass ein Parkschein gelöst und sichtbar im Fahrzeug ausgelegt wird, so begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sich nicht daran hält (§ 858 BGB).
Für Fälle, bei denen das Parken überhaupt nicht erlaubt ist, ist das einhellige Rechtsprechung (Parken auf einem Kundenparkplatz: Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 – V ZR 229/13, NJW 3727; Urteil vom 5. Juni 2009 – V ZR 144/08, BGHZ 181, 233).
Anders als bei sonstigen Mietverhältnissen, bei denen nach Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter keine Besitzschutzansprüche aus § 859 Abs. 1 BGB zustehen und die Besitzeinräumung bedingungslos geschieht, kann im Massengeschäft der anonymen Parkplatzvermietung der Vermieter die Nutzung von Bedingungen abhängig machen.
Der Halter, der nicht unbedingt Fahrer gewesen sein muss, kann nicht auf Schadenersatz verklagt werden, soweit keine Anhaltspunkte für ein schuldhaftes Verhalten vorliegen. Auch das erhöhte „Nutzungsentgelt“ von 20,00 EUR hat nur derjenige zu zahlen, der Vertragspartner geworden ist. Der Halter kann jedoch als Zustandsstörer unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 862 Abs. 1 S. 2 BGB), wenn er auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den Fahrer nicht benennt. Dieses Verhalten macht nach Ansicht des BGH eine künftige Besitzstörung wahrscheinlich.
Die Kosten von 5,65 € für die Halterermittlung konnte der Betreiber nicht verlangen, da es sich hier um Kosten der Vorbereitung der Unterlassungsaufforderung und nicht um solche der Beseitigung der Besitzstörung handelte.
Der Halter musste jedoch die Kosten des Rechtsstreits tragen!
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 11.11.2013 – 10 C 2620/13 –
LG Regensburg, Entscheidung vom 10.06.2014 – 2 S 304/13 –

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